Juckt dich der Stich, nimm mich den Wegerich!

Spitzwegerich – Plantago lanceolata

Botanischer Steckbrief

Wegerichgewächs, mehrjährig, 40 cm, frosthart
Blätter schmal, lanzettförmig in einer grundständigen Rosette zusammengefasst mit bis zu 7 länglich parallel verlaufenden Adern, Blüte eiförmige Ähre mit langen Staubfäden und gelben Staubbeuteln, ohne Nektar, mächtige Wurzel ragt bis zu 60 cm tief in die Erde
 

Verbreitungsgebiet: weltweit in allen gemäßigten Klimazonen, urspr. Heimat Europa

Standortanspruch: sehr anpassungsfähig, jeder Boden, Sonne bis Halbschatten

Weitere Namen: Sohlenkraut, Wegtritt, Sündenblatt, Wegwartkraut, Heilwegerich, Wundwegerich, Spießkraut, Ripplichrut, Lungenblatt


Etymologie:

Der Name Wegerich stammt aus dem ahd. „wega“ = Weg und „rih“ = König.  Der lat. Gattungsname „Plantago“ ist abgeleitet von „planta“ = Fußsohle, Fußfläche – hier wird wohl auf die Trittfestigkeit der Pflanze hingewiesen. In England erhielt die Pflanze den Beinamen "Ribwort = Spitzwegerich', da die Blätter starke Adern haben (engl. "rib" = Rippe).
 

Eng verwandte Arten: Mittlerer Wegerich lat. plantago media
Breitwegerich lat. plantago major
 

Ernte und Lagerung

am besten frisch verarbeiten zu Tinktur, Sirup, Heilöl und diese dunkel lagern
luftig trocknen im lichten Schatten (Sammelgut darf nicht schwarz werden) und in Papiersäckchen aufbewahren
 

Sammelzeitpunkt:

Blätter und Blüten: Mai – September
Wurzeln: September – Oktober
die beste Heilkraft in Blättern und Wurzeln entsteht um den 15. August
 

Blütezeitpunkt: Mai – September
 

Fruchtreife: nach der Blüte klebrige Kapselfrüchte


Verwendbare Pflanzenteile: junge Blätter, Blütenähren, nicht ganz ausgereifte Samen, selten Wurzel
 

Anwendung in der Volksmedizin

Wundheilung, Prellungen, Insektenstiche, Husten, Heiserkeit, Erkältungskrankheiten allgemein, Bronchialleiden, Ohrenentzündung, Asthma
 

Wirkungsweise:

entzündungshemmend, bakterizid, auswurffördernd, blutreinigend, antibiotisch, antiseptisch
 

Darreichungsform:

Tee, Sirup, Heilöl, Tinktur, Wundpflaster aus frischen Blättern, Presssaft
 

Rezepte:

Für einen Hustentee 10 g getr. Blätter (ca. 3 EL) mit ¼ l kochendem Wasser überbrühen und 15 Minuten ziehen lassen, mit Honig süßen.

Der Tee kann auch als Umschlag bei schlecht heilenden Wunden und Insektenstichen oder zum Gurgeln verwendet werden.

Heilöl als mildes Einreibemittel bei Husten, Bronchitis: ein Schraubglas zu 2/3 mit frischen zerschnittenen Blättern füllen, mit Sonnenblumenöl oder Leinöl auffüllen, verschließen und 3 Wochen in die Sonne stellen, abfiltern und dunkel aufbewahren.

Wegerichsirup gegen Husten: zerkleinerte Blätter und Rohrzucker schichtweise in ein weithalsiges Gefäß füllen, verschließen und ca. 2 Monate im dunklen Keller stellen (der Zucker löst sich auf), den Hustensaft abseihen
 

Wissenswertes:

Manche reagieren auf Spitzwegerich allergisch!

Rauchern kann Spitzwegerich bei der Entwöhnung helfen, dazu wird die Urtinktur oder der Pflanzensaft eingenommen.

Hoch geschätzt wurde der Spitzwegerich schon bei den alten Germanen. Paracelsus hat ihn bereits als heilend erwähnt.

„Fußstapfen des Weißen Mannes“ nannten die Indianer den Breit-Wegerich, dem engen Verwandten des Spitzwegerichs, der aber breitere Blätter aufweist. Die europäischen Einwanderer schleppten die klebrigen Samen mit ihren Wagenrädern und Pferdehufen in die neue Welt ein. Auf ihren zurückgelegten Wegen, fasste der Wegerich Fuß und breitete sich aus.

(hier: Spitzwegerich_Bild2_Blattvergleich)
 

Verwendung in der Küche

Die Blätter sind reich an Vitamin C und deshalb am besten frisch zu verarbeiten in z.B. Wildkräutersalaten, Kräuterquark, grünen Smoothies, Wildkräuterpesto (generell sparsam dosieren)

Die frisch ausgetriebenen Blätter im Frühjahr und auch die Blütenknospen haben einen interessanten pilzartigen Geschmack.

Die Blätter lassen sich wie Spinat zubereiten.
 

Rezepte:

Junge Blütenköpfe sammeln und in Öl anrösten, diese Zutat verleiht Salaten, Gemüsespeisen, Omelett … einen wunderbaren Pilzgeschmack.

Spitzwegerich-Brennnesselsuppe mit Kartoffeln:

Je 30 g Spitzwegerich- und Brennnesselblätter, 1 Zwiebel, 4 Kartoffeln, 1 l Gemüsebrühe, Olivenöl, Sahne nach Geschmack

Gewürfelte Zwiebel im Öl andünsten, gewürfelte Kartoffel dazu geben, mit Gemüsebrühe aufgießen und die klein geschnittenen Kräuter beigeben, 10 Minuten kochen lassen und mit Sahne, Salz und Pfeffer abschmecken

Hustenbonbons:

200 g junge Spitzwegerichblätter, ½ l Wasser, 500 g Zucker, 25 g Traubenzucker, 20 g Butter, 1 TL Anis gemahlen, 1 TL Fenchel gemahlen

Saubere Spitzwegerichblätter in ca. 1cm breite Streifen schneiden, 30 Min. im Wasser kochen, durch ein Sieb in einen anderen Topf gießen, Blätter ausdrücken, den grünen Sud mit dem Zucker/Traubenzucker/Butter/Gewürzen etwa 20 Min. zu einem dickflüssigen Sirup einkochen, bis er Fäden zieht. Ein Backblech mit Rand mit Pergamentpapier auslegen, einfetten und den heißen Sirup daraufgießen. Kurz vor dem Erstarren der Zuckermasse diese in Bonbongröße schneiden und zu ovalen Kugeln formen, trocknen lassen und einzeln in Butterbrotpapier einwickeln. Lecker und gesund!

(hier: Spitzwegerich_Bild3_Hustenbonbons)
 

Magisches

Spitzwegerich ist Symbol der Fruchtbarkeit.

Im Neun-Kräuter-Segen/Zauber (Werk der altenglischen Dichtung aus dem 9. oder 10. Jahrhundert nach Christus, beschreibt die Wirkung und Zubereitung von neun Heilkräutern, Neunkräutersuppe – Quelle Wikipedia) wird er schon an zweiter Stelle (nach dem Beifuß) benannt:

„Und du, Wegerich, der Kräuter Mutter,

nach Osten geöffnet, im Innern mächtig; über dir knarrten Wagen, über dir weinten Frauen, über dir schrien Bräute, über dir schnaubten Stiere. Allen hast du widerstanden, und dich widersetzt; ebenso widerstehe dem Gift und der Ansteckung

und dem Übel, das über Land fährt.“

manuela-kloibhofer.at/index.php/infocenter/blog/44-9-kraeutersegen

Drei Wurzeln, vor Sonnenaufgang gegraben und um den Hals gehängt sollen gegen Fieber helfen. Gegen Liebeskummer trinkt man 5 Tage lang Wegerichtee und er ist verschwunden.

Das Spitzwegerichblatt eignet sich auch als Orakelpflanze. Es deckt die Sünden auf, wenn zwei Menschen (Kinder) das Blatt auseinanderreißen, hat jener mehr Sünden, bei dem mehr Fäden herausstehen. Man kann auch den Kindersegen orakeln, indem man das Blatt selbst auseinanderreißt. 

Die alten Griechen und Römer glaubten den Wegerich mit Kräften aus der Unterwelt verbunden.
 

Märchen/Sagen/Legenden

Es war einmal vor langer, langer Zeit. Da begab sich ein Mönch auf Pilgerschaft. Da er lange unterwegs sein und viele viele Kilometer laufen würde, ließ er sich für seine Wanderung eigens ein paar feste Wanderschuhe machen. Doch die neuen Schuhe waren steif und die Füße des Mönches waren Sandalen gewohnt. So dauerte es keinen Tag bis ihm die Füße schmerzten und dicke Blasen bekamen. Da richtete er ein Stoßgebet an den lieben Gott. „Hilf mir, guter Gott. Wie soll ich weiterlaufen um mein Ziel zu erreichen, wenn ich solche Schmerzen an den Füßen habe!“ Da erschien ihm ein grüner Mann und sprach: „Sammle Blätter dieser Wiesenpflanze mit den langen, schmalen Blättern, reibe sie zwischen den Händen, bis Saft austritt und träufle den Saft auf deine Blasen.“ Der Mönch tat wie der Mann ihm geheißen. Am nächsten Tag waren die Blasen verheilt und er setzte seine Wanderung leichten Schrittes fort.

Da kam er an einem Zwetschgenbaum vorbei und die reifen Früchte lockten ihn eine zu naschen. Unglücklicherweise wurde er dabei von einer Wespe in den Arm gestochen. Der Stich war schmerzhaft und schwoll gewaltig an. In seiner Verzweiflung rief er wieder Gott um Hilfe und abermals erschien ihm der grüne Mann und riet ihm wieder dieselben Blätter zu holen, zwischen den Händen zu reiben und den Stich mit dem Saft zu behandeln. Wie durch ein Wunder ließ der Schmerz nach und die Schwellung war am nächsten Tag abgeklungen. Auch wurde der Mönch von keinem Jucken geplagt, das nach Insektenstichen oft auftritt. Beherzt wanderte der Mönch weiter und hatte bis zum Abend eine gute Strecke zurückgelegt. Er war schon müde und achtete nicht auf den Weg. So kam es, dass er über einen Stein stolperte und mit dem Knie aufschlug. Die Wunde am Knie blutete und schmerzte so stark, dass er kaum auftreten konnte. Wieder rief er: „Herrgott, hilf mir!“ Und wieder erschien ihm die grüne Gestalt, die ihm den gleichen Saft empfahl auf die Wunde zu geben. Der Saft stillte das Blut und die Wunde zog sich zusammen. Am nächsten Tag konnte der Mönch seine Pilgerreise ohne Unterbrechung fortsetzen. Am späten Nachmittag war sein Proviant verbraucht und großer Hunger plagte ihn. Er wurde ganz schwach und konnte kaum mehr laufen. So rief er wiederum Gott um Hilfe und er sprach durch dem grünen Mann zu ihm: „Sammle Spitzwegerichblätter, schneide sie klein und koche eine Suppe.“  Der Mönch befolgte den Rat, erbat von einem Bauern noch etwas Ziegenmilch und Salz dazu und wurde nach dem köstlichen Mahl wieder kräftig. Da er seinem Ziel schon nahe war, wanderte der Mann am nächsten Tag bis spät am Abend zügig weiter. Selbst ein Gewitter konnte ihn nicht bremsen. Doch am Abend bekam er Schnupfen und Husten, der Hals tat ihm weh und seine Stirn war heiß vom Fieber. Wieder bat er Gott um Hilfe und die Stimme riet ihm diesmal einen Tee aus den Blätter der geheimnisvollen Pflanze zu kochen. Der Tee senkte das Fieber  und löste den Schleim. Genesen konnte der Mönch seinen letzten Tag antreten. Da erschien ihm der grüne Mann, ohne dass er gerufen wurde und der Mönch fragte ihn, wer er eigentlich sei. Der grüne Herr antwortete, er sei der König der Wege und werde „Spitzwegerich“ genannt. Der Mönch fragte den König, ob er sich erkenntlich zeigen könnte, da er ihm so gut und oft geholfen hatte. Der König der Wege antwortete, dass  er sehr traurig sei. Seine Blüten sind so hässlich und unscheinbar. Er würde deshalb von niemandem beachtet werden. Vielleicht könne der Mönch mit seinen Gebeten helfen. So  betete der Mönch lange für den König der Wege und siehe am nächsten Morgen hatten die Spitzwegerichblüten einen goldenen Heiligenschein um den braunen Blütenstand, den sie bis zum heutigen Tage behalten haben!

(hier: Spitzwegerich_Bild4_Bluetenah)

(frei nacherzählt)

Tipp: Während des Märchenvortrages könnte man eine Puppe/Kind/Körperumriss in die Mitte legen und immer die Körperstellen mit Spitzwegerichblättern markieren, die im Märchen erwähnt werden (Füße, Arm, Knie, Bauch, Hals, Stirn, Nase).
 

Gedichte

Der Spitzwegerich

Schnecke, he, hörst du mich?

Schnecke, sieh hier bin ich.

Streck nur deine Hörner aus,

komm aus deinem Schneckenhaus“

Sag mal Schnecke, stimmt denn das?

Du magst es am liebsten nass?

Dazu sag ich aber …nein!

Bei mir soll es trocken sein.

Schnecke du, hör mir zu!

Höre mich, den Wegerich!

Ich mach mich mit dir bekannt:

Wachse meist am Wegesrand,

Wo es etwas steinig ist.

Und das du es nicht vergisst –

Bin den ganzen Sommer dort.

Schnecke, geh doch auch nicht fort!

(M. Schreiber)

www.gedichte-oase.de/gedicht/spitzwegerich

www.pflanzenlust.de/gedanken-zum-spitzwegerich/
 

Spiel

Kreis- und Bewegungsspiel „Kräuterquark“:

Alle TN stehen im Kreis auf Platten (z.B. zerschnittene alte Isomatten), jeder TN bekommt eine „Kräuternamen“, die Anzahl der Namen richtet sich nach der Größe der Gruppe, es sollten aber mindestens 3 Kräuternamen vergeben werden. Ein TN steht in der Mitte des Kreises ohne Platte und ruft einen Kräuternamen. Die TN mit dem Namen müssen ihren Platz tauschen und der TN in der Mitte darf sich auch einen Platz erobern. Der TN ohne Platte geht in die Mitte und ruft den nächsten Namen. Ruft jemand „Kräuterquark“ müssen alle TN ihren Platz wechseln. Das Spiel dient weniger dem Zugewinn an Wissen, sondern dem Spaß und der Bewegung.
 

Weiterführende Links/Literatur

www.awl.ch/heilpflanzen/plantago_lanceolata/spitzwegerich.htm

www.kraeuter-buch.de/kraeuter/Spitzwegerich.html

„Die Kräuter in meinem Garten“ von Siegrid Hirsch & Felix Grünberger, Freya Verlag

ISBN: 978-3-902134-79-0

„Meine Gartenapotheke“ von Gabriele Bickel, Kosmos ISBN: 978-3-440-15063-4

„Raus – Band1“ Regionaler Arbeitskreis Schwaben, in der Akademie Dillingen erhältlich